Luca Maroni – polarisierender Experte der italienischen Weine
Aus der Weinwelt ist der Weinkritiker Luca Maroni nicht mehr wegzudenken – entweder man liebt ihn oder nicht. Kaum ein Kritiker spaltet die Wein-Welt derart wie Luca Maroni – sei es mit seinem eigensinnigen Verkostungsstil oder der Tatsache, dass er ausschließlich italienische Weine verkostet. Dennoch zählt er zu den Größen der Branchen und wer etwas auf italienischen Wein hält, sollte seine Bewertungen unbedingt lesen.
Eher Weinmensch als Weinkritiker – das Leben des Luca Maroni
Bereits über 300.000 Weine hat Maroni bis jetzt verkostet und auch zahlreiche Bücher geschrieben. Nicht nur deswegen, auch wegen seines eigensinnigen Verkostungsstils ist Luca Maroni wohl eher als Weinmensch denn nur als Weinkritiker anzusehen. Dies ist es auch, was ihm am besten beschreibt – er liegt es viel und über das Thema Wein zu schreiben: vor allem über den italienischen Wein. So nahm er sich beispielsweise 2015 die Zeit und das Leben des Leonardo da Vinci – der übrigens eines seiner Vorbilder ist – aus einem vinophilen Blickwinkel zu durchleuchten und zu erzählen. Insgesamt 450 Seiten lang. Bereits 1993 veröffentlichte Luca Maroni erstmals seinen populären Weinführer „Guida dei Vini Italiani“, der ihn letztendlich auch so bekannt machte. Darin präsentiert er in rund 10.000 Weinbewertungen, die stets im November in einer aktualisierten Auflage erweitert und ergänzt werden.
Was ist das Besondere an Luca Maroni?
Weinkritiker, Weinjournalist und Weinbuchautor – der Weinmensch Maroni wird auch gerne als vinophiler Universalgelehrter verzeichnet, der verkostet, bewertet, schreibt und moderiert. Auch durch seine Auftritte in Medien ist Maroni wohl der aktivste Weinkritiker der Welt. So ist er beispielsweise immer wieder im italienischen Fernsehen zu sehen und ist als Kolumnenschreiber für Cucina, Oggi, Corriere della Sera oder Decanter tätig.
Zum Auftreten als wahrhaftiger Tausendsassa der Kritiker-Welt passt auch sein wissenschaftlicher Exkurs Anfang der 90er-Jahre. Hier untersuchte er die Zusammenhänge, wann ein Wein eher ein Geschmackserlebnis oder eher ein Gaumengraus ist aus physikalisch-chemischem Blickwinkel. Die Erkenntnisse aus diesen mit wahrer Ernsthaftigkeit betriebenen Forschungen flossen beispielsweise in sein 1997 veröffentlichtes Buch „Degustare il Vino“. Dieses ist daher prall gefüllt mit diversen Formeln zur Verkostung und Arten der Organoleptik rund um das Thema Wein. Darüber hinaus landeten die Forschungsergebnisse auch im Weinkapitel des italienischen Brockhaus „Treccani“.
Bewertungsgrundlage von Maroni – was ist seine Formel des Geschmacks
Nach seinem Diplom im Fachbereich Wirtschaft im Jahre 1986 arbeitete Luca Maroni drei Jahre lang mit dem Weinkritiker Luigi Veronelli zusammen. Bereits zu dieser war es für ihn ein zentrales Anliegen, die besten Weine für die normalen Weintrinker zu finden, also keineswegs nur Weine des hochpreisigen Segments.
So ist der Italiener vor allem für sein Weinrad bekannt, welches die Synästhesie eines Weines beschreiben soll. Im Rahmen dieses kreisrunden Diagrammes ordnet er den jeweiligen Aromen und Gerüchen bestimmte Klänge und Farben zu. So ist ein dunkler Ton lila und schmeckt spröde und duftet lauwarm, während ein hoher Ton für Orange und einem süßlichen Geschmack steht, der reif und rund duftet.
So ist es vor allem die Frucht, die für Luca Maroni im Zentrum des Geschmacksbildes eines Weines steckt – sie ist quasi die DNA des Weines. Als Übermittler der Geschmacksbotschaft fungiert sie wie eine Art Türklinke, mit welcher sich die Tür zum Wein öffnen lässt. Obwohl er in seinem Buch „Degustare il Vino“ seine Wein-Bewertung mit ihren zugrunde liegenden Begrifflichkeiten, Parametern und Formeln genau beschreibt, formuliert Maroni folgende Grundannahme:
„Der Wein bereitet dann eine Freude, wenn sein Geschmack jenen Geschmack der Frucht wiedergibt, aus der er gewonnen wurde.“ (Zitat aus „Degustare il Vino“)
Der Wein soll also möglichst danach schmecken, woraus er gemacht wurde, den fruchtigen sonnengereiften Weintrauben der jeweiligen Rebsorte. Dagegen lehnt Maroni buttrige Aromen, oxidative Geschmacksnoten sowie zu starken Eichengeschmack eher ab.
Das Punktesystem von Luca Maroni zur Weinbewertung: Konsistenz, Balance und Ingetrität
So ist es vor allem sein eigenständiges Bewertungssystem, weshalb der 1961 in Rom geborene Weinkritiker derart polarisiert und deswegen oft nicht ganz unumstritten ist. So setzt sich für ihn der vollkommene Trinkgenuss eines guten Weines aus dessen Körper (Konsistenz), Ausgewogenheit (Balance) und Reintönigkeit (Integrität) seines Frucht- bzw. Traubengeschmackes zusammen.
Mit Konsistenz meint er dabei die Dichte von Aromen, Farbe und den Körper des Weines. Ausgeglichen sollten dagegen die Aromen von Säure, Frucht und Tannin sein. Mit Integrität meint Maroni, dass der Wein über seinen Geschmack klar und deutlich ausdrücken soll, aus welcher Region er stammt und welche Rebsorte ihn prägt. Frei also nach seinem Axiom, seiner Grundannahme aus seinem Buch „Degustare il Vino“.
So bewertet er jede dieser drei Säulen mit maximal 33 Punkten, sodass Luca Maroni auf eine eher ungewöhnliche Punkteskala von maximal 99 Punkten kommt. So ist gerade in Europa eher das 20-Punkte-Schema üblich, das von bekannten Kritikern wie René Gabriel oder Jancis Robinson verwendet wird. Andere wie James Suckling oder Robert Parker setzen dagegen auf die gerade 100-Punkte-Skala.
Das Gesamtpunktesystem von Luca Maroni setzt sich schließlich wie folgt zusammen:
- 100 Punkte: gibt es nicht… wäre gottgleich
- 99 Punkte: trifft voll den Geschmack von Maroni – bester Wein auf dieser Welt
- 84-98 Punkte: hochklassig und stark zum Kauf empfohlen
- 74-83 Punkte: zum Kauf empfohlen.
Während der vorher erwähnte René Gabriel gut und gerne mal einen Extrapunkt vergibt und 21 der sonst üblichen 20 Maximalpunkte vergibt, wird man darauf bei Maroni wohl ewig warten dürfen. Doch vielleicht schließt er ja seine Karriere damit ab und gibt einem seiner Lieblingsweine letztlich doch einmal 100 Punkte.
Und die Formulierung „sein Lieblingswein“ ist gezielt gewählt, denn nur auf seinen Geschmack, der kraftvolle Weine mit vordergründiger und dicker Fruchtnote bevorzugt, vertraut er bei der Verkostung. So kann es gut und gerne vorkommen, dass ein Supertoskaner mit französischen Rebsorten und viel Holzaroma eher schlecht abschneidet, während ein kräftiger Primitivo, der bereits ab zehn Euro zu kaufen ist, eine Bewertung jenseits der 84 Punkte schon sicher hat. Und da wären wieder bei der Polarisierung – bei Maroni weiß der Weinliebhaber eben, was er bekommt, wenn er einen seiner Weinempfehlungen folgt. Aber ist es nicht das, worauf es bei einer Weinkritik letztlich ankommt?
Wer also selbst ein Liebhaber von kräftig fruchtigen Weinen ist, kann bei den Empfehlungen Maronis bedenkenlos zugreifen. So überzeugen die von ihm empfohlenen Weine nicht nur mit einem vollmundigen und fruchtbetonten Geschmack, sondern auch mit einem teils erstaunlichen Preis-Qualitäts-Niveau.
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